Das Haus Auerbach in Jena, das 1924 von Walter Gropius mit Adolf Meyer für den Physiker Professor Dr. Felix Auerbach und seine Frau Anna, geb. Silbergleit errichtet wurde, ist mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege in Erfurt 1994/95 grundlegend instandgesetzt und umfassend restauriert worden.
Die Villa liegt in leichter Hanglage und besteht aus zwei sich durchdringenden, unterschiedlich hohen Quadern mit Flachdach. Dabei enthält der nördliche, dreigeschossige Kubus den Wirtschaftsbereich, die Toiletten und Flure, Windfang, Anrichte und Küche, während sich nur im südlichen Kubus die eigentlichen Wohnräume befinden. Diese Trennung der Nutzungsbereiche ist äußerlich nicht erkennbar. Formbestimmend für die äußerliche Gestalt ist die Auflösung der Symmetrie und die „Gestaltung eines verschobenen Mittelpunktes, der außerdem beweglich zu denken ist“ (Christian Grohn, Die Bauhausidee. Berlin 1991). Das Haus ist glatt mit einem mineralischen Edelputz mit Glimmeranteilen verputzt, so dass die Fassade in der Sonne glitzert.
Die Villa im Jenaer Westviertel ist eines von sechs privaten Wohnhäusern, welche Gropius in Deutschland gebaut hat. Erst mit 41 Jahren konnte er in Jena sein erstes Bauhaus bauen. Es ist das erste Wohnhaus, bei dem das von Gropius entwickelte Baukastenprinzip realisiert wurde, und daher ist es eines der wichtigsten Zeugnisse für den Beginn des Neuen Bauens in Deutschland. Gropius hat ausgehend von der unterschiedlichen Geschoßzahl eine reziproke Flächenkalkulation vorgenommen, die sich in den Außenmaßen widerspiegelt. Das Haus mit seinen wiederkehrenden Hauptmaßverhältnissen 3:2 ist eine gebaute Quinte.
Wie schon am Haus am Horn bestand der Wandaufbau der Außenmauern und die Decken sowie das Kellergeschoß aus Jurkosteinen. Dabei handelt es sind um großformatige Einheitsplatten aus Schlackenbeton, Schwemm- oder Bimmsteinen oder ähnlichem Material mit einem Zementgemisch. Die plattenförmigen Schlackenbetonsteine werden zu einem Hohlmauerwerk mit Längskanälen zusammengesetzt. Durch den zwischen den Platten liegendem Luftraum wird ihre Dämmkraft erhöht.
Der Wintergarten ist eine Stahl – Glas – Konstruktion bestehend aus drei Dreifeld – Fenstern nach Osten, einer raumhohen Dreifeld – Doppeltür nach Süden und drei herausnehmbaren Dreifeld – Fenstern zum Speisezimmer. Die beiden oberen horizontalen, einfach verglasten Fensterreihen werden jeweils mittels eines Hebelmechanismus, welcher der zeitgenössischen Industriearchitektur entlehnt sind, zusammen ausgestellt. Bis auf die Stahlkonstruktion im Wintergarten sind alle Fenster im Haus aus Holz. Bei den Fensterkonstruktionen wurde große Sorgfalt auf die unterschiedlichen Nutzungsanforderungen in den einzelnen Räumen gelegt. Insgesamt wurde bestmöglich vermieden, daß die Fenster nach innen aufschlagen. Gropius hat sich für fünf verschiedene Flügeltypen entschieden: Kippschiebe-, Wendeflügel-, Schwingflügel-, Kippflügel und Klappflügelfenster.Er verwendet aber nicht die meist gebräuchlichen Drehflügelfenster.
Das Haus Auerbach ist nach der Befundung der über 37 Farbtöne das einzige Werk von Gropius mit authentischer farbiger Innenraumfassung gemäß dem Entwurf Alfred Arndt (1898 – 1976). Alfred Arndt war nach seinem Studium im Bauhaus freischaffender Architekt in Thüringen und von 1929 -1932 Bauhausmeister, wo er zeitweilig die Wandmalerei leitete. Die jetzt wieder rekonstruierte Farbigkeit der Räume korrigiert nun das sich über mehrere Jahrzehnte eingeschlichene Klischee vom Bauhaus als einer farblosen weißen Architektur der Askese.
Unerwartet sind die zarten Pastelltöne, welche den von Licht durchfluteten Räumen eine helle Heiterkeit und Leichtigkeit verleihen. Einer hellblauen Decke im Speisezimmer liegen zarte Orangetöne an den Wänden gegenüber, im ehemaligen Herrenzimmer treffen wir auf blasses Gelb, Hellblau und direkt aneinandergrenzende Grau- und Olivtöne. Das Farbkonzept zeigt eine hohe Komplexität in der Differenzierung der Räume und ihrer Beziehungen zum Licht. Ungewohnte Farbgrenzen gliedern die Räume und durchbrechen ihre Flächigkeit, indem sie architektonische Details akzentuieren und Partien sensibel betonen. Ein asymmetrischer türkisfarbener Deckenspiegel im heutigen Wohn- und Lesezimmer (früher Musikzimmer) wird von einem Gelb umfangen, das sich an den Wänden herabzieht. Das kräftige Orange-Rot an der Decke im Windfang und ein fast grelles Deckengrün in der Anrichte tragen den Lichtverhältnissen an der Nordseite des Hauses Rechnung. Die Unterzüge vor einzelnen Wohntrakten sind in einem kräftigen Dunkelblau gehalten, welche die Tiefe des Raumes und eine gewisse Abgeschlossenheit der Teilbereiche vermitteln. Die Korrespondenz der Farben innerhalb eines Raumes aber auch der Räume untereinander erzeugt eine beschwingte Schönheit und lichte Atmosphäre. Durch die Gleichartigkeit der Farbgrenzen in benachbarten Räumen wird eine Verbindung der Zimmer untereinander hergestellt. Der Fußboden damals wie heute ein helles, sandfarbenes Linoleum zeigt sich angenehm zurückhaltend gegenüber den farbigen Wänden.
Bei der denkmalgerechten Instandsetzung des Hauses Auerbach wurde großer Wert auf hohe Authentizität gelegt. So wurde etwa die Waschküche, die Gropius damals auf dem Dachboden untergebracht hatte, damit die Bauherren das Regenwasser mittels einer Zisterne nutzen konnten, wieder dort installiert. Da seit der Bauzeit im Jahre 1924 keine baulichen Eingriffe vorgenommen wurden, ist die Raumstruktur vollständig erhalten, die Innenausstattung enthält überdies sehr viel Originalsubstanz in Form von Einbauschränken, Bücherregalen, Fensteroliven und Türklinken aus Horn oder Deckenstrahler von Zeiss-Ikon und Kastenlampen.
Heutige Bewohner des Hauses sind das Ehepaar Dr. Barbara Happe und Prof. Dr. Martin S. Fischer